Hochseefischer Welt
See-Episoden anderer Art
MS “Peene Ore” im Sturm MS “Peene Ore” im Sturm
Mysteriöser Beschuss in der Kadetrinne Containerfrachter und Küsten entgingen knapp einer Katastrophe Bericht von Peer Schmidt-Walther Karlskrona, Rostock, Stralsund. In der Nacht vom 21. auf den 22.12.2011 wurde der deutsche Containerfrachter „Johanna“ am nördlichen Ausgang der Kadetrinne in deutschem Hoheitsgebiet von einem unbekannten Geschoss unbekannter Herkunft getroffen. Ein- und Austrittsstelle lagen über der Wasserlinie.
„Es hat mächtig gekracht“, berichtet Falko Emmeluth am 23.12., „aber zum Glück gab es keine Explosion“. Der Kapitän und jetzige nautische Inspektor der Stader Reederei Vöge, die fünf Container-Feederschiffe ihr eigen nennt, war im südschwedischen Hafen Karlskrona an Bord. Er sprach mit der zehnköpfigen Besatzung des mit 6363 BRZ vermessenen, 121 Meter langen Frachters und führte die Verhandlung mit den untersuchenden Behörden.
Nach Emmeluths Angaben befand sich die „Johanna“ im deutschen Gewässeranteil der Kadetrinne zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Süddänemark, als sie getroffen wurde. „Ein glatter, sauberer Durchschuss“, berichtete er, „wobei das unbekannte Flugobjekt zwei rund 1,10 Meter im Durchmesser betragende Löcher riss. Das Teil trat an Steuerbord über der Ankertasche ein und schräg darüber im Deck auf dem Vorschiff wieder aus“. Man hätte durch den Schusskanal direkt ins Wasser sehen können, und die Ränder des Stahls wurden beim Auftreffen des gewaltigen Projektils nach innen und beim Wiederaustritt nach außen gebogen. Emmeluth ist aufgrund dieser Fakten sicher, dass es sich um einen Flugkörper gehandelt haben musste.
„Sauberer Durchschuss“
Übungs-Flugkörper Einen Übungstorpedo ohne Sprengstoff schloss auch ein pensionierter Fregattenkapitän der Deutschen Marine (er möchte ungenannt bleiben) nicht aus: „Der kommt zwar nur auf 53 Zentimeter Durchmesser, vermag aber bei genügend langem Anlauf ein größeres Loch in den zu Stahl reißen. Durch eine Fehlsteuerung kann er infolge Seegang aus dem Wasser katapultiert worden sein“. Der ehemalige Schnellboot-Kommandant tippt auf einen neuen Torpedo mit stahlummantelten Übungssprengkopf aus Beton und Raketen- antrieb“. So etwas könnte auch von einem U-Boot abgefeuert worden sein. Möglicherweise um das noch „zivile“ Geschoss im Auftrag eines großen Waffenkonzerns militärisch zu testen, vermutet er. Die schwedische Firma Saab, die auch mit der Deutschen Marine kooperiert, kommt da durchaus in Frage und reagiert höchst sensibel auf Pannen oder entsprechende Veröffentlichungen. Schließlich geht es um lukrative Geschäfte. Die Frage stellt sich auch, welche Marine nachts in einer der meistbefahrenen Meerespassagen mit rund 60.000 Schiffen pro Jahr solche superschnellen Raketen-Torpedos testet. „Die Deutsche Marine war es mit Sicherheit nicht“, so ein Sprecher. Zu Übungszwecken gebe es ein spezielles NATO-Schießgebiet in der Biskaya. Die „Johanna“ habe sich darüber hinaus nicht in einem Übungsgebiet befunden. Eins für U-Boote gibt es nur in der Eckernförder Bucht. Katastrophen-Szenario „Die Schiffsführung hat eine absolut reine Weste“, erklärte Falko Emmeluth, „ein Schaden infolge Kollision mit einem anderen Schiff sieht anders aus“. Radaraufzeichnungen an Land und auf See hätten einen solchen Vorfall zweifelsfrei belegen können, bestätigte auch André Steinbach, Seelotse und Geschäftsführer der Lotsenbrüderschaft Wismar-Rostock-Stralsund (WiRoSt). Er stellte als Kapitän 1999 die „Johanna“ in Dienst. Während seiner Radarwache im Stralsunder Lotsenturm wäre ihm das aufgefallen. Steinbach und Brüderschafts-Ältermann Dr. Christian Subklew haben, wie sie sagen, von einem derart mysteriösen Seeunfall noch nie gehört. Wäre das Schiff unter Wasser zum Beispiel im Maschinenraum getroffen worden, hätte es einen sofortigen Untergang gegeben, betonen Emmeluth, Steinbach und Subklew übereinstimmend. „Wäre gar einer der 9.000 Tanker getroffen worden, die pro Jahr die Kadetrinne passieren, hätte es an unseren und den dänischen Küsten eine Ölkatastrophe gegeben“, so Subklew, „ein mit Benzin beladener Produktentanker hingegen wäre mit einer riesigen Explosion in die Luft geflogen“. Undenkbar auch, dass ein Kreuzfahrtschiff oder eine Fähre beschossen worden wären! Die „Johanna“-Crew hatte offenbar einen Schutzengel.
Militärische Geheimniskrämerei?
Als Nothafen lief der Frachter am 22. Dezember Karlskrona an, um in der dortigen Werft den Schaden notdürftig reparieren zu lassen. Schwedische Polizei und Küstenwache arretierten das Schiff und nahmen sofort die Untersuchungen auf. Zuständig sind allerdings entsprechende deutsche Behörden, da sich der Vorfall in deutschen Gewässern (Wirtschaftszone) abgespielt hat. Merkwürdig nur, dass die „Johanna“ nicht die Verkehrsleitstelle Rostock traffic informierte und in den nur eineinhalb Stunden entfernten Hafen Rostock eingelaufen wäre. Stattdessen dampft sie sechs Stunden weiter in die schwedische Marinebasis Karlskrona. Ob unter „Begleitschutz“ ist nicht bekannt. Selbst schwedische Zeitungen vor Ort stehen vor einem Rätsel.
Offizielle Stellungnahmen zu diesem mysteriösen Beschuss liegen bislang nicht vor. Die zuständigen deutschen Behörden wie Wasser- und Schifffahrtsamt, Polizei und Küstenwache halten sich nach wie vor bedeckt und gehen von anderen Ursachen aus. In Seefahrtskreisen vermutet man, dass die mehr als peinliche Geschichte aus militärischen Gründen geheim gehalten werden soll. Die Deutsche Marine bekundete „kein Ermittlungsinteresse“ und warf stattdessen Nebelkerzen, indem sie alle möglichen Kollisions- hindernisse angab: Baumstamm, Seezeichen, Container, Weltkriegs-Munition. „Kompletter Unsinn“, so Dr. Christian Subklew. Auch die Pressemitteilung der Bundespolizei See vom 28. Dezember, dass „Bohrinsel- gestänge das Schiff getroffen“ habe. Am 23.12. nahm MS „Johanna“ wieder Kurs auf seinen finnischen Bestimmungshafen Kottka. Ende Januar wird der Frachter zur Reparatur die Kieler Lindenau-Werft anlaufen. Die bange Frage bleibt: Wann folgt der nächste, möglicherweise dann verheerende Beschuss durch ein unbekanntes Flugobjekt unbekannter Herkunft?
JOHANNA-Löcher bleiben rätselhaft Von Peer Schmidt-Walther Noch gar nichts ist gelöst! Warum wird alles verschleiert? Weil es um mehr als nur zwei Löcher geht. Der nautische Reederei-Inspektor, der selbst an Bord war, beschrieb sie als einen „sauberen, glatten Durchschuss“. Unabhängig davon äußerte sich ein Kollisions-Spezialist. Angesichts der Fotos und Stahlverformungen identifizierte er sie als Schuss-Löcher. Das nachgeschobene Bundespolizei-Märchen vom "schwimmenden Stahlträger", der sich einem mit 18 Knoten fahrenden Schiff schräg von unten in den Steven rammt, auf der anderen Seite ungesehen wieder austritt, ohne steckenzubleiben oder weitere schwere Schäden zu verursachen, glaubt kein ernstzunehmender Mensch. Vielmehr gehen viele Beobachter von einem Vertuschungs-Manöver der Behörden aus. Auch die zeitlichen Abläufe stimmen nicht. Die "Kollision" geschah nicht am 18., sondern am 21./22.12 Nachts, während der Schleppzug die Stütze erst am 22.12. verloren haben soll. Merkwürdig auch dies: Der Ponton "verliert" einen 36 Meter langen Stahlträger, der 20 Meter nach unten ausrauscht und sich sofort wie ein Anker in den Grund bohrt. Der Schleppdraht wäre durch diese Gewaltbremse sofort gebrochen und hätte gar Schlepper und Ponton zum Kentern gebracht. Es gab weder eine Sicherheitsmeldung über die Kollision noch über den Unfall des Schleppzuges, was vorgeschrieben ist. Die JOHANNA-Besatzung will den Schaden erst am nächsten Morgen - außerhalb deutscher Gewässer - bemerkt haben, so die Bundespolizei, obwohl es in der Nacht vom 21./22. Dezember einen heftigen Knall gab, der das ganze Schiff heftig erschütterte, wie der Reederei-Inspektor berichtete. Deshalb habe der Kapitän, so die BP zur Erklärung, sich entschlossen, den "nächstliegenden" Hafen Karlskrona statt Rostock anzulaufen. Die Deutsche Marine sieht "keinen Ermittlungsbedarf", obwohl es sich anscheinend um einen militärischen Zwischenfall in deutschen Gewässern handelt. Hier zu den möglichen, aber sehr realen Hintergründen der Mail-Auszug vom 28.12. des Marine-Journalisten Leo Walotek-Scheidegger: "Als ich das Bild sah, war klar, dass das, was das Schiff traf, von unten kam. Also ging ich weiter. Zuerst rief ich einen finnischen Marineoffizier in Helsinki an, den ich zuletzt dort während meines Treffs mit den Vertretern und Beratern der finnischen Regierung kennenlernte. Er war im Rahmen eines diplomatischen Austauschs mehrere Jahre in Stockholm tätig. Seinen Namen darf ich nicht nennen: Das war eine der Treff-Bedingungen, die mir gestellt wurden und die ich schriftlich in Helsinki bestätigen musste. Der Mann arbeitet innerhalb einer Open Source Intelligence Gruppe, hat aber auch alte Kontakte zum finnischen und wohl auch schwedischen Nachrichtendienst. Er sagte mir, dass eine große schwedische Firma, ´die sowohl Autos wie Jets produziert` - da war klar, es geht um SAAB, Ikea macht das nicht - an einem Torpedo mit reaktivem Antrieb arbeite. Damit ich sicher sein konnte, dass ich es richtig verstehe, fragte ich ihn, ob es ein Superkaitationstorpedo sei wie die russische Schkwal. ´Ja, so einer", hieß es, ´man testet ihn bereits`. Gleichzeitig äußerste sich die Marine hierzu, wie, weißt Du ja. Und ein Abendblatt-Kollege sagte mir davor, er sprach mit der Reederei und die sei recht nervös und habe ´komische Sachen` mitgeteilt. Jetzt rief ich noch einen alten Bekannten an, der mich mit der 7. US-Flotte bekannt machte, während der `Hansa Stavanger`-Zeit. Ich selbst kenne ihn von meiner Arbeit in Ulsan, er war einer der Projektleiter im Bereich der Kriegsschiffe (US Amerikaner). Ich bat ihn um Infos, ob es Übungstorpedos gebe, die einen solchen Einschlag-Durchmesser verursachen könnten. Er sagte mir, kein gewöhnlicher Torpedo mache das, es sei denn, er laufe mit einer weit höheren Geschwindigkeit, entweder ein Unterwassergeschoss mit über 300km/h(!), der dann durchaus fähig sei, ´aus dem Wasser zu springen` oder ein Flugkörper, eine Anti-Schiffs-Lenkwaffe. Damit war meine Recherche abgeschlossen. Es passte alles zusammen. Und ich konnte davon ausgehen, dass es nicht die Deutsche Marine war. Schon beim Gespräch mit dem Finnen hab ich die Idee von einem Anschlag verworfen, da die vorliegenden Indizien weit realer waren". Dass angesichts dieser möglichen Sachlage die "Verantwortlichen" zusammenzucken und nichts ´rauslassen wollen, dürfte evident sein. Dahinterstecken dürfte auch der größte europäische Waffenkonzern SAAB in Kooperation mit der schwedischen Marine.