Hochseefischer Welt
See-Episoden anderer Art
MS “Fredo” MS “Fredo”
Frostiges Highlight für hartgesottene Seereise-Individualisten Die aktuelle Internet-Eislagekarte zeigt Rot: d a s Aufbruchsignal für Fans lautstarker Seefahrt durch die Bottenvik. Wenn der äußerste Nordzipfel der Ostsee alljährlich für mehrere Monate zufriert, müssen sich Frachter krachend zu ihren Bestimmungshäfen in Schweden und Finnland durchboxen. Das Eis-Theater ist bei Passagieren stark nachgefragt. Sie alle wollen in der ersten Reihe dabei sein. Auch „an Bord“-Autor Dr. Peer Schmidt-Walther.
MS Transtimber auslaufend aus Göteborg
Blitzeis hat den Lübecker Nordlandkai in eine gefährliche Rutschbahn verwandelt. NORDFROST leuchtet es vom Dach eines Gebäudes. Firmenschild oder Wegweiser? Aus dem Nebel schiebt sich verschwommen ein riesiges schwarzes Viereck. Die graue Trave wird durch quirlendes Schraubenwasser braun aufgemischt. Leinen fliegen an Land, die Gangway schwebt herab. „Transtimber“ stellt sich der RoRo-Frachter mit den meterhohen gelben Buchstaben TRANSATLANTIC am blauen Rumpf vor. Die schwarze Klappe entpuppt sich als 26 Meter breite Heckrampe. Fast lautlos senkt sie sich auf die Pier herab und gibt den Blick frei in eine mehrstöckige Riesengarage. Spezialtraktoren dröhnen heran und beginnen sofort, überlange und-breite Container aus dem Laderaum zu zerren. „Bis 22 Uhr müssen wir auslaufklar sein“, sagt Erster Offizier Jörgen Nilsson, als wir uns im Schiffsbüro melden, über dem ein Schild mit der Aufschrift „Kreml“ hängt. Schließlich fahre man wie die beiden Schwesterschiffe nach einem festen Fahrplan. An Bord spricht man sich nur per Vornamen an, auch den Kapitän, und der heißt Kristian. Er zeigt die Kabinen und „den wichtigsten Raum an Bord“: die Messe. „Hier essen alle gemeinsam“, sagt er und überlässt Koch Ulf Gullberg samt Kochsmaatin Micha Hellberg weitere „nahrhafte“ Informationen. Zu 17 Uhr öffnen sie das opulente „Middags“-Büffet. Zum Ausgleich sei das Fitness-Studio dringend angeraten.
Schärenmeer, gepudert und vergoldet Ablegen nach Plan. Mit nur 5,5 Knoten Schleichfahrt tastet sich der fast 200 Meter lange Koloss den schleswig-holsteinisch-mecklenburgischen Grenzfluss abwärts. Das Schauspiel kann man auf der jederzeit offenen Brücke hautnah miterleben. Lockeres Trave-Treibeis weckt Vorfreude auf mehr. Über Nacht dampft der Frachter durch den Großen Belt und nimmt Kurs auf Göteborg, Schwedens größten Hafen, der von Eis blockiert ist. Für „Transtimber“ ein Kinderspiel. Ladung wird gelöscht, neue kommt an Bord. Kapitän Kristian Örtendahl freut sich auf Frau, Tochter und Sohn, die ihn besuchen kommen. Bald sei er ohnehin wieder vier Wochen zu Hause, wenn er nach einem Monat Fahrtzeit abgelöst werde. „Davon können viele andere Kollegen nur träumen“, strahlt er - wie meistens. Vom Terminal verkehrt eine Buslinie in die City. Die Kälte treibt einen eher in die Bord-Sauna. Beim Freiluft-Abkühlen versinkt die Sonne über dem weiß gepuderten Schärenmeer und vergoldet es. Grummeln spätabends - wieder pünktlich -, als die Maschinen anspringen. Der Kurs verläuft zunächst durchs Kattegat und den Öresund nach Süden. Schon morgens zeigt der Steven nach Osten, dreht bei Bornholm dann allmählich auf Nordost. Mit schäumender Bugsee prescht „Transtimber“ später zwischen Öland und Gotland hindurch immer weiter nach Norden. Viel Zeit für eine ausgiebige Schiffserkundung. Über Kopfsteinpflaster Am nächsten Vormittag nördlich der Aalands-Inseln: gleißende Sonne, beißende Minusgrade, aber immer noch kein Eis. „Das bekommen wir bald zur Genüge“, grinst Kristian, „kann ich euch hundertprozentig garantieren“. Unablässig schweift sein Fernglas-Blick über die trügerisch glitzernde See. „Seht mal, an Steuerbord treibt die erste Scholle – das ist erst der Anfang, bald hat uns auch das Festeis im Griff“. Voraus reflektiert eine weiße Fläche gegen den grauen Himmel. Wir stehen im Gebiet von Norra Kvarken, der zweiten Engstelle zwischen Schweden und Finnland. Klingt wie „Quark“, und der Eisschlamm passt auch irgendwie dazu; er wiegt sich in den Ostsee-Wellen. Doch schon bald wird die Piste rauer. Schollen reiben sich knirschend, berstend und reißend an der Bordwand, schieben sich übereinander, bäumen sich auf, versinken und schließen sich hinter uns wieder zu einer Fläche. „Wie Kopfsteinpflaster“ findet Zweiter Offizier Edsel Abat. Die Grünpflanzen auf der weitläufigen Brücke zittern wie Espenlaub, in der Messe klirrt wie zur Bestätigung das Geschirr. Die beiden 12.000-PS-Maschinen, umweltfreundlich mit stickoxidreduzierendem Katalysator und schwefelarmem Schweröl betrieben, wummern jetzt mit voller Kraft. Chief- Ingenieur Lennart Holmberg, der gern durch seinen hochtechnisierten „Unterwelt-Stall“ führt, kennt den Durst seiner „Pferde“: „Bis zu 80 Tonnen Sprit saufen die in 24 Stunden.“ „Transtimber“ lässt sich vom Eis nur leicht abbremsen. Statt 17 Knoten wie im freien Wasser fällt sie ab auf zwölf. Den Frachter mit der höchsten finnisch-schwedischen Eisklasse 1 A Super ficht das nicht an. Den finnischen Stareisbrecher „Nordica“ erst recht nicht, der mit einem Konvoi entgegenkommt und haarscharf vorbeirumpelt. Der Eis-Service ist im Übrigen gratis, denn Finnlands Export läuft zu 80 Prozent über seine Ostsee-Häfen.
Eisbrecher Nordica mit Frachter vor Oulo
Elch- und Rentiersafari Gekonnt manövriert Kapitän Kristian den „Papiertiger“ durch das verschlungene Labyrinth. Für seine Offiziere hat er eigene Anweisungen entworfen, die an den Fahrstand geheftet sind, zum Beispiel: „Wenn du steckenbleibst, sofort den Kapitän rufen!“ Mit Eis haben die Philippinos nämlich nichts am Hut, er als „gelernter“ Schwede hingegen sei damit groß geworden. Matt leuchtet karges Grün im winterlich müden Licht an den fernen Küsten. Der finnische Großeisbrecher „Sisu“ bleibt arbeitslos. Er wartet auf schwächere Kunden. Chief Lennart heizt mächtig ein – zur Abwechslung mit duftenden Fichtennadel-Aufgüssen in der finnischen Sauna, während nur wenige Zentimeter entfernt bedrohlich Eisschollen gegen die Bordwand donnern. Eine ohrenbetäubende heiß-kalte Hölle. Am dritten Tag in aller Frühe: Festmachen nach 76 Stunden in Kemi. Das liegt in Finnisch-Lappland, auf 65 Grad Nord, knapp unterhalb des Polarkreises. An Backbord und Steuerbord glänzen kahlgeschliffene, überpuderte Felsinseln vor der tief verschneiten Waldkulisse. Rohstoff für die Papierherstellung. In den offenen Lagerhallen türmen sich riesige Rollen-Stapel und warten auf ihre Verschiffung. Das bis zu einem Meter dick zugefrorene Schärenmeer, über das Motorscooter und sogar Autos schneestiebend fegen, lockt zum Spaziergang, denn in die Stadt ist es zu weit. Dabei kann man Eisanglern über die Schulter sehen, sich von schnellen Langläufern überholen lassen – und sogar Elche und Rentiere beobachten. Mitten im Hafengebiet! Gegenüber liegt der Eisbrecher-Veteran „Sampo“. Wichtigste Touristen-Attraktion von Kemi. „Ein gutes Geschäft“, weiß Motormann Martin Jarlehag, „denn die Besucher sind wie wild darauf“. Den Sommer über arbeitet er auf einem Museums-Dampfer in Stockholm.
Lotsen-Hydrocopter in Kemi
Durchs Eis wedeln Auslaufen bei mittäglich schummrigem Polarlicht. Ohne den 33.000-PS-Eisbrecher „Kontio“. Der Kraftmeier, auf Warteposition vor dem Papierhafen, kennt seine Pappenheimer. „Manchmal“, berichtet Erster Offizier Jörgen nicht ohne Stolz, „bitten die uns sogar um Amtshilfe, wenn sie keine Zeit haben. Da fahren wir dann als Hilfseisbrecher vornweg“. Stukend arbeitet sich das Schiff Meter für Meter in der eigenen, aber längst wieder geschlossenen Rinne voran. Mit „Voll voraus!“ legt sich „Transtimber“ bebend ins Geschirr. Sie rüttelt und schlägt wie eine schlingernde Straßenbahn in ausgefahrenen Gleisen. Wasser-Eis-Fontänen explodieren unter dem Anprall und werden meterhoch geschleudert. Nicht mehr lange, dann herrscht eisige Stille. Festgefahren in einer engen Fahrwasserkurve. „Mit so einem langen Schiff“, erklärt Kapitän und Ski-Fan Kristian, „kann man nicht einfach durchs Eis wedeln, da gibt´s zu viel seitlichen Widerstand“. Spricht´s und schiebt den blau-weißen Riesen sanft rückwärts, nimmt Anlauf und dreht das Schiff mit zwei Fingern über den Joystick nach Steuerbord. Unter der Vieltausendtonnen-Wucht reißt die weiße Decke krachend auf und lässt grün-schwarzes Wasser aufs Eis sprudeln. Hin und wieder nutzt das eine Robbe zum schnellen Abtauchen. Waagerecht heransegelnde Schneeflocken und Dunkelheit nehmen vollends die Sicht. Drei Scheinwerfer bohren sich zitternd in die weiß gesprenkelte Finsternis und hellen die polare Szenerie auf. Wegweiser in der gebrochenen und wieder gefrorenen Rinne. „Bei zu viel Minusgraden backt das wieder zusammen, manchmal ist das schlimmer als vorher“, weiß Kristian Örtendahl aus langjähriger Eis-Erfahrung, „dann fordern sogar wir einen Eisbrecher an“. Knallharte Polar-Romantik
Papierfabrik OULO voraus
Drei Stunden später. Weithin sichtbar wehen die Dampfschwaden der unersättlichen Papierfabrik – wahre Holzgebirge umzingeln sie, wie man später sieht - von Oulu über den Horizont. Die Nokia-Stadt, sie liegt 55 Seemeilen weiter südöstlich von Kemi, werden Laderäume und offenes Wetterdeck bis auf den letzten Stellplatz vollgestopft. Auch bei heftigem Schneetreiben. Die Zeit reicht sogar für einen Stadtbummel samt abendlichem Bier in der stilecht eingerichteten „Hemingway“-Bar im Stadtzentrum. Beim Rückmarsch durch tief verschneiten finnischen Birkenwald wabern verheißungsvoll zartgrüne Nordlicht-Schleier über den Himmel. Polar-Romantik pur. Irgendwann, spät nachts, ist die maximale Zuladungsmenge von 13.000 Tonnen erreicht. Die Stora-Enso-Spezialboxen - jeweils fast 14 Meter lang, 3,6 Meter breiten und 4,8 Meter hoch - sind zwar „nur“ mit Papier beladen, aber bis zu unglaublichen 90 Tonnen schwer. Im Pendelverkehr stillen die drei „Trans“-Schiffe damit dreimal wöchentlich einen Teil des weltweiten Papierhungers. „Der nimmt trotz PC nicht etwa ab“, erklärt Kapitän Kristian und zeigt kopfschüttelnd auf die Formularstapel in seinem Büro mit dem Türschild „Pentagon“, „ganz im Gegenteil“. 21 Millionen Tonnen Papier werden allein in Deutschland jährlich verbraucht, die Hälfte davon muss importiert werden. Noch einmal „Polterabend“. Die rote Signatur der Internet-Karte bedeutet so viel: Unser Fahrtgebiet ist mit bis zu 50 Zentimeter mächtigem Eis bedeckt. Bis zwei Tage später die Lübecker Bucht den Frachter wieder empfängt, diesmal mit pottendickem Nebel. Auf der Trave trudelt wie bestellt Treibeis entgegen. Zeit, um Abschied zu nehmen von den freundlichen Eisfahrern. „Ice is nice!“ finden wir nach acht Tagen Eis-Abenteuer und sind um 2500 erlebnis- und erfahrungsstarke Seemeilen reicher.
Papierfabrik von Kemi mit Holzbergen
Infos: Um ein eisiges Abenteuer zu erleben, muss man nicht unbedingt in die Arktis oder Antarktis reisen. Auch die Ostsee bietet derartige Erlebnisse - sozusagen vor der Haustür. Für eine Eisfahrt wie die beschriebene – Abweichungen von der Route sind möglich - eignen sich am besten die Monate Januar bis April, je nach Eisverhältnissen. Aktuelle Infos (u.a. Eisstärke, Eisbrecher-Positionen, Eisentwicklung) unter: www.baltice.org Buchung: Die sehr empfehlenswerten Eisreisen mit der „Transtimber“ und ihren beiden Schwesterschiffen können zum Preis von 581 € (Doppelkammer bei Doppelbelegung), 686 € (Doppelkammer bei Einzelbelegung) gebucht werden (zuzgl. Pro Pers. 59 € Buchungs- pauschale, 57 € Deviationsversicherung) bei: Internationalen Frachtschiffreise-Agentur Kapitän Peter Zylmann (Inhaber Lutz Woitas), Mühlenstr. 2, 24376 Kappeln/Schlei: Tel. 04642-96550; E-mail: info@zylmann.de MS „Transtimber“ (Schwesterschiffe „Transpaper“, „Transpulp“): Bauwerft: Baujahr: 2005 (Schiffskörper in Danzig, Polen), 2007 Endausbau Aker Yards, Raum, Finnland; Typ: RoRo-Frachter; 26.188 tdw; Länge: 190,8 m; Breite: 26,44 m; Tiefgang (max.): 7,80 m; 2 Maschinen je 12.069 PS) MAN B&W mit stickoxid- und schwefelreduzierter Katalysatortechnik; Geschwindigkeit (max.) 21 kn; 1 Verstellpropeller (Durchmesser: 5,5 m), 2 Bug- (je 1072 PS), 1 Heckstrahlruder (1072 PS); Bunkerkapazität: 800 t schwefelarmes (1 %) Schweröl; Stromversorgung im Hafen: umweltfreundlich durch Landstrom; höchste Eisklasse 1 A Super (bis 80 cm Eisdicke); Crew (12): schwedisch, philippinisch, Bordsprache: Englisch; Flagge: Schweden; Heimathafen: Skärhamn; Passagiere: 4 (max.) in 2 Kabinen: Schreibecke, Hocker, 2 Doppelstockbetten, Bad (Du/WC), Kühlschrank, Kleiderschrank, Schubfächer, TV, Radio, CD, DVD, Internetanschluss über USB-Kabel; 2 Aufenthaltsräume mit Großbildschirm-TV, 1 Internet-Café (alles gebührenfrei), Sauna, Fitnessraum; 3 Mahlzeiten (07.30, 12, 17 Uhr) mit Softdrinks (gefüllter Kühlschrank, Milch, Säfte, Kaffee, Tee sind immer verfügbar); Brücke jederzeit offen, Maschine nach Absprache mit Chief-Ingenieur; Charterer: STORA ENSO, einer der größten Papierkonzerne der Welt; Eigner: Reederi TRANSATLANTIC (www.rabt.se), Schweden; Makler in Lübeck ist die Schiffsmaklerei Manfred Schröder GmbH. Eis-Exkurs Die systematische Beobachtung der Eisverhältnisse - erstes und letztes Auftreten des Eises, Eisarten und Eisdicke - begann Ende des vorigen Jahrhunderts. Als Eiswinter wird die Zeit zwischen dem ersten und letzten Eisvorkommen eines Winters verstanden, wovon die wenigsten eine zusammenhängende Eisperiode aufweisen. Charakteristisch für die nördliche Ostsee ist erstes leichtes Eis im Dezember. Im Januar beginnt dann die Haupteisperiode, aber typische Eismonate sind Februar, März, April. Die Eisbildung ist ein komplizierter Prozess. Bestimmend ist hierbei die Wärmebilanz der Wasseroberfläche, die aus dem dominierenden Einfluß der Lufttemperatur resultiert. Nach etwa vier bis sechs Tagen mit negativem Tagesmittel bildet sich erstes Eis im küstenenahen Flachwassergebiet. Wasser über zehn Meter Tiefe mit Strömung friert zuletzt zu. Überwiegende Eisart ist das Festeis, an der Außenküste Treibeis, Pfannkucheneis (tellergroße Eisstücke mit nach oben gebogenen Rändern wegen der im Seegang ständigen Reibung gegeneinander) und Eisbrei (Neueis). Bei Eisaufbruch und starken Winden kommt es zu meterhohen Presseisrücken. Für das Abschmelzen sind fünf bis zehn (nach strengen Wintern 20) Tage mit positiven Temperaturmitteln notwendig. Eisklasse Was bedeutet „Eisklasse“? Die "Laura“ ist mit einer sogenannten Eisklasse ausgerüstet. Darunter versteht man eine Anzahl von schiffbaulichen und maschinenbaulichen Maßnahmen, die es dem Schiff ermöglichen, Eisgebiete zu befahren. Je nach Fahrtgebiet und Schiffstyp gibt es verschiedene Eisklassen. Die "Laura" hat die höchste finnisch-schwedische Eisklasse für Frachtschiffe, die Klasse "1 A", die von der Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd (GL) verliehen wurde. Was sind die Kennzeichen einer Eisklasse? Der Rumpf des Schiffes ist auf seiner ganzen Länge eisverstärkt, und zwar unterschiedlich stark im Bereich des Vorschiffes, des Mittelschiffes und des Hinterschiffes. Die größten Eisverstärkungen befinden sich aus naheliegenden Gründen im Vorschiffsbereich. Im Bereich des Eisgürtels (50 cm über der Wasserlinie bis zwei Meter unter Wasser) ist die Außenhaut verstärkt, mit Plattenstärken bis zu 16 mm. Zu den oberen Decks hin nimmt die Plattenstärke bis auf 6 mm ab. Im Bereich des Eisgürtels (50 cm über der Wasserlinie bis zwei Meter unter Wasser) ist die Außenhaut verstärkt, mit Plattenstärken bis zu 16 mm. Zu den oberen Decks hin nimmt die Plattenstärke bis auf 6 mm ab.
Winter-Lotsenstation auf dem Eis vor Kemi
Weitere Verstärkungen sind im Bereich des Vorstevens (Bug) angebracht: Der Wulstbug ist innen zusätzlich ausgesteift und hat eine Plattenstärke von 22 mm. Direkt über dem Wulstbug besteht der Steven aus einem Stahlgußteil, das zum "Zerschneiden" einer festen Eisdecke im Bereich der Wasserlinie dient. Dort sind die Außenhautplatten 19 mm stark. Auf ganzer Schiffslänge sind vom Doppelboden bis einschl. Deck 2 (ca. sieben Meter über Kiel) Zusatzspanten in einem Abstand von 35 cm eingebaut (normaler Spantabstand 70 cm). Das gibt dem gesamten Schiffskörper mehr Festigkeit. Auch bei der Antriebsanlage gibt es zahlreiche Maßnahmen, um die Eistauglichkeit des Schiffes zu gewährleisten: Die erforderliche Antriebsleistung ist vorgeschrieben, Propellerwellen, Getriebe und Ruderanlage sind verstärkt. Der Propeller ist aus Edelstahl (statt Bronze) und die Flügelspitzen sind verstärkt. Das Ruder ist durch einen Eissporn bei Rückwärtsfahrt geschützt. Am Bug des Schiffes sind eine Schleppklüse und starke Poller angeordnet, damit es ggf. von einem Eisbrecher geschleppt werden kann. Ein eisverstärktes Schiff ist schwerer als ein vergleichbares Schiff ohne Eisklasse und verursacht höhere Baukosten. Welche Eisstärken kann ein Schiff mit Eisklasse bewältigen? Eine einfache Regel dafür gibt es nicht, es hängt jeweils von den Eigenschaften des Eises ab: Von der Dicke der Eisdecke, von der Bedeckung der Meeresoberfläche (ausgedrückt in Zehntel), vom Alter des Eise (einjährig oder mehrjährig) und von der Größe der Eisstücke (Schollen, Bergy Bits, Growlers) Einige Beispiele: •Eine Festeisdecke (einjähriges Eis) von 30-50 cm Dicke kann in der Regel mit ca. 5 kn konstanter Geschwindigkeit durchfahren werden. Stärkeres Eis kann gelegentlich durch "Rammen" gebrochen werden. •Packeis unterschiedlicher Dicke mit einer Bedeckung bis ca. 8/10 kann durch Beiseiteschieben der Schollen mit 2-3 kn durchfahren werden. •Packeis mit einer Bedeckung von weniger als 4/10 kann meist ohne Eiskontakt mit einer größeren Geschwindigkeit unter Ausnützung der Lücken durchfahren werden. •Brash Eis (sehr loses Packeis geringer Dichte) kann ohne weiteres mit 10-12 kn durchfahren werden. •Für den Kontakt mit größeren Eisstücken (Growler oder Bergy Bits) ist die Eisverstärkung zwar nicht ausgelegt, bei zufälliger Berührung mit sehr langsamer Fahrt ist ein Schaden allerdings meist gering ("Beule").
Zehn Jahre Kapitän: Kristian Örtendahl (40) im Gespräch PSW: Wie verlief Deine maritime Karriere? Kristian: Mit 17 startete ich als Decksjunge, brauchte aber nur sechs Monate praktische Ausbildung, weil ich das Abi in der Tasche hatte. Als Matrose (AB) fuhr ich bis 1990 und besuchte anschließend bis 1993 die Seefahrtsschule in Göteborg. Seit 1992 fuhr ich als Zweiter, von 1996 bis 2000 als Erster Offizier und erhielt mit 30 mein erstes Kommando als Kapitän. „Transtimber“ ist jetzt mein sechstes Schiff. Über das habe ich auf der Werft auch erstmals die Bauaufsicht geführt. PSW: Erstaunlich früh, oder? Kristian: Nicht unbedingt! Meine Reederei TransAtlantic, bei der ich vor 23 Jahren angefangen habe, stellt gern junge Leute ein und gibt ihnen berufliche Chancen und Perspektiven. Wichtig ist vor allem ein gutes Sozialklima. Oder dass zum Beispiel jede Kabine Internetanschluss hat und Satellitentelefon-Kosten niedrig sind. PSW: Ein Schiff muss geführt werden. Welche Qualitäten sind da bei einem Kapitän gefragt? Kristian: Obenan steht: Ruhe bewahren in schwierigen Situationen, gefolgt von Kommunikationsfähigkeit. Das wiederum bedeutet vor allem zuhören zu können. Nautische Kompetenz wird natürlich vorausgesetzt. PSW: Spezielle Fähigkeiten zeichnen auch „Transtimber“ und ihre beiden Schwestern aus. Kristian: In erster Linie sind es reine Zweckbauten, sozusagen maßgeschneidert für den Papierkonzern Stora Enso. Der hat die Spezialschiffe langjährig gechartert und konnte daher Bedingungen stellen von der hohen Eisklasse bis hin zum umweltfreundlichen Antrieb. Um den Laderaum zu optimieren, wurde der Maschinenraum raumsparend ganz nach vorn unter das Deckshaus gelegt. Das Papier wird im Werk in besondere Boxen – die SECU oder Stora-Enso-Cargo-Box - verladen, die größer sind als normale Container und bis zu 90 Tonnen fassen. Sie sind geeignet für den Bahn- und Schiffstransport. PSW: Was ist bei der Eisfahrt vor allen gefragt? Kristian: Erfahrung und nochmals Erfahrung! Man muss damit so früh wie möglich anfangen und vom Wissen der älteren Kollegen profitieren. PSW: Und die Schiffe? Kristian: Brauchen starke Maschinen, einen engen Spantenabstand für gute Eisstabilität, ein besonders geschnittenes Unterwasserschiff und einen Eisgürtel in der Wasserlinie. Da ist der Stahl doppelt so stark: 30 statt 18 Millimeter. Man muss darauf achten, dass der Tiefgang während der Eisfahrt nicht über oder unter dieser verstärkten Zone liegt. PSW: Neben dem Leben an Bord führst du ein zweites an Land. Was ist dir da wichtig? Kristian: Zuerst kommt die Familie, denn wir haben eine Tochter (5) und einen Sohn (7). Bisher habe ich mich auch um den Hausbau gekümmert. Nun ist es fertig und ich kann mit der Familie Schwimmen und Skilaufen gehen. Gefördert durch unsere familienfreundliche Fahrtzeit: vier Wochen an Bord, vier an Land. PSW: Danke für das Gespräch und weiterhin gute Fahrt auf der „Transtimber“!
Blick durch eine Klüse auf das Eis