Hochseefischer Welt
Fahrzeitberichte
Wahre Erlebnisse an Bord der Fischereischiffe von Hilmar Klotz
"Harte Zeiten" Nun noch eine kleine Episode von der "Berlin". Es war im Frühjahr 1967. Wir fischten mit dem wohl fischgeilsten Kapitän Horst Pagels. Wir setzten unsere Netze im Gammelloch Tag und Nacht nordwestlich Islands aus, also auf Frischfisch Schwarzer Heilbutt mit allem drum und dran. Die ersten Lords gingen nach 68 Stunden an Deck für 6 Stunden schlafen, da kannst Du Dir ja vorstellen, wie weit uns die Augen vorstanden. Das Wetter war auch nicht vom Besten. Gefischt bis Windstärke 8 und manchmal wohl mehr. Irgend wann war jedenfalls der verdammte Dampfer voll und sofort auf Heimreise. Scheißwetter Stärke 9+, Netz schnell beizurren und die Scheerbretter kurz beigehievt, dann schnell unter Deck. Nein, die Bretter haben wir noch eingesetzt, denn wir wollten ja so schnell wie möglich unter Land und ab nach Hause. Aber der Wind und die See haben noch mehr aufgebriest, alles kam nun von Backbordseite. Es kam wie es kommen musste. Die "Berlin" schüttelte sich, wir hatten einen ordentlichen Seeschlag bekommen. Der Alte war ja bei dem Wetter voll AK gedampft. Also Schadensmeldung: Back und Bootsdeck abgeräumt, Schwanenhals vom Maschinenraum weg, Wassereinbruch in den Maschinenraum, Heizkessel ausgeblasen, Rettungsinseln hatten wir noch eine, alle Netze weg bis das auf Deck. Die Backbordkammern waren abgesoffen und uns Lehrlingen kam das Wasser auf dem Niedergang entgegen, als wir aus dem "Heldenkeller" rauf wollten. Nun wer auf einem Trawler Typ I gefahren ist, kann sich davon ein Bild machen, was da los war. Anschließend sind wir für 3 Tage nach Reykjavik um den Dampfer wieder seetüchtig machen zu lassen. So langsam kommen die Erinnerungen zurück.
"Die Bartflechte" Also wie war das damals mit der Bartflechte. Es war wohl die erste Lehrlingsreise. Die Reise ging auf die Doggerbank in die Nordsee auf Hering in Fässer, also Salzhering und Kräuterhering. Auf dem Fangplatz gab es aber jede Menge Feuerquallen. Nun ja, aus dieser Mischung muss ich wohl oder über mir die Bartflechte eingefangen haben. Wie haben danach einige Tage mit Zinksalbe herum gedoktert, aber es half nichts. An Bord war noch ein weiterer Lehrling, sein Name Hans-Jürgen Schreyer, der hatte einen riesigen Furunkel am Hintern und auch ihm konnte nicht recht geholfen werden. Zufällig war das westdeutsche Hilfsschiff "Frisjoop" in Fangplatznähe. Also der mit dem halben A-Mast. Der Alte hat sich mit ihm per UKW-Funk in Verbindung gesetzt und um Hilfe gebeten. Danach sind wir ihm entgegen gedampft. Die Westgermanen haben uns mit dem Schlauchboot auf ihr Schiff geholt und wir wurden gut behandelt. Ich bekam für einen Tag eine Tinktur sowie für die Nacht eine Salbe. Meinem Leidensgenossen wurde das "Pickel" ausgeschält, danach hatte er ein 2x2cm großes Loch in der Arschbacke. Also, heute noch mal ein Dankeschön an die "Frisjoop". Nach einigen Tagen waren wir wieder rundum gesund. Schon auf der ersten Reise in die Nordsee hatte ich mir gesagt, nichts wie auslernen und dann weg. "Du drückst nachts hier den Heringen die Augen zu, während Deine Altersgenossen mit den Mädchen rummachen!" Ja, so war das, trotzdem sind es dann doch 10 Jahre DFK geworden.
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